Quellen der Hofnamenforschung

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Als historische Quellen können Grundbücher, Kataster, Urbare, Pfarrmatriken und Zehentregister dienen[1]. Für die Bucklige Welt ist relevant, dass um 1500 im Stift Reichersberg der Besitzstand schriftlich festgehalten wurde.

Auch die heimatkundliche Literatur gibt oft reichhaltige Auskunft, zum Beispiel Festschriften zu Gemeindejubiläen, Lebenserinnerungen lokaler Persönlichkeiten oder alte Reiseführer. Lokale Gewährspersonen sind wichtige Quellen für eine synchrone Sicht, da sie mit der aktuellen Verwendung vertraut sind, mit der Einschränkung: „Die Einheimischen selbst können nur in den seltensten Fällen über die Entstehung oder den Grund der Änderung eines Hofnamens Auskunft geben. Man ist, will man den Ursprung eines Namens feststellen, auf eine genaue Kenntnis der jeweiligen Haus- und Hofgeschichte und somit auf die quellenmäßige Überlieferung angewiesen“[2]. Es empfiehlt sich auch, mit den Gemeindebediensteten bzw. der Gemeindeführung zu sprechen: „Als sehr praktikabel hat sich … erwiesen, den einheimischen Grundbuchbeamten zu befragen, der sowohl die amtliche Namenschicht von Berufs wegen kennen muß, der aber auch durch seinen Umgang mit allen örtlichen Namenbenutzern eine überindividuelle Sicht der mündlich gebrauchten Namen überblickt“[3].

Ich rate zudem zu einer persönlichen Erkundung der Gegend, am besten zu Fuß – die Verbreitung der Hofnamen im Ortsbild, zum Beispiel auf Hinweisschildern, gibt einen ersten Eindruck, und man kann die Herleitung bestimmter Hofnamen oft durch eigene Anschauung der geographischen Gegebenheiten erleichtern.

Für das Gebiet der Buckligen Welt sind folgende Arbeiten besonders wesentlich: Roswitha Karpellus[4] bearbeitet in ihrer 1959 abgeschlossenen, zweibändigen Dissertation „Siedlungsgeschichte der ehemaligen Grafschaft Pitten auf namenkundlicher Grundlage“ sämtliche Orte, Ortsteile, Rotten und Einzelhöfe des gesamtes Gebietes der „Waldmark“. Dieses Gebiet umfasst den größten Teil der Bezirke Wiener Neustadt-Land und Neunkirchen. Karpellus hielt aber nicht nur die schriftliche Form fest, sondern auch trug auch bei jedem einzelnen Eintrag händisch die Lautschrift der mundartlich gebrauchten Formen ein. Wie mir Roman Lechner bestätigte, ist diese Arbeit nicht nur durch ihren Umfang beeindruckend, sondern auch inhaltlich bis heute maßgeblich, da Karpellus mit zuverlässigen Gewährspersonen arbeitete und auch Grundbücher, Pfarrmatriken, Zehentregister und Urbare aus verschiedenen Archiven auswertete[5]. Die genaue Zuordnung zu bestimmten Gemeinden ist aufgrund diverser Grenzverschiebungen oder Zusammenlegungen teilweise heute nicht mehr zutreffend, für die vorliegende Seminararbeit spielte die genaue geographische Lokalisierung aber ohnedies nur eine untergeordnete Rolle.

Eine etwas neuere Quelle für das gesamte Gebiet der Buckligen Welt ist das „Historische Ortsnamenbuch von Niederösterreich“, das von Heinrich Weigl unter Mitarbeit von Roswitha Seidelmann, Karl Lechner und Fritz Eheim erarbeitet wurde und 1972 erschien.

In bestimmten Gemeinden wurde die Häusergeschichte bereits ausführlich aufgearbeitet: Für Gschaidt sei der detaillierte Band „Dorfgeschichte und Dorfgeschichten aus Gschaidt“ von Markus Wieser genannt, für Mariensee und St. Peter das umfangreiche Buch „Mariensee St. Peter. Geschichten und Bilder von der niederösterreichischen Seite des Wechsels“, 1997 erarbeitet von Josef Stickelberger, Erika Sieder und Norbert Aubrunner. Ortschroniken und Heimatbücher wurden auch von anderen Gemeinden berücksichtigt.

Als wichtige Quellen erwiesen sich historische und aktuelle Reise- und Wanderführer. Auch das simple Telephonbuch erwies sich zumindest in meinem Fall als durchaus nützlich. In der elektronischen Variante konnte ich mit der Suche nach „vulgo“ zwar nur zwei Treffer in meinem Gebiet erzielen, in der gedruckten Variante fand ich aber in meinen Gemeinden rund zwanzig Hofnamen – wer den Hofnamen eigens im Telephonbuch eintragen lässt, legt wohl auch Wert auf seine Verwendung.

An Lebenserinnerungen von BewohnerInnen der Buckligen Welt wurden „Mit neun Jahren im Dienst“ von Maria Gremel, „Erlebtes und Erlauschtes aus der Buckligen Welt“ von Hans Sinabell und „Bucklige Welt – geliebte Heimat. Wie bist du mir nah! Erinnerungen“ von Hermann Brandel in die Auswertung einbezogen.

Als Gewährspersonen stellten sich mir – über Vermittlung des niederösterreichischen Bildungs- und Heimatwerks, vertreten durch Gerda Walli – Roman Lechner (Lichtenegg), Johann Hagenhofer und Bürgermeisterin Waltraud Gruber (Hochwolkersdorf), aus meinem Freundeskreis Michaela Putz (Aspang) zur Verfügung. Von ihnen konnte ich viel über die Hofnamen-Verwendung im Alltag erfahren.

Generell ist festzuhalten, dass die schriftlich fixierten Hofnamen von den Gewährspersonen erst oft nach Vorlesen der von Karpellus festgehaltenen mundartlichen Form wiedererkannt wurden – der „Bangartbauer“ wird zum Beispiel als „Bamba“ ausgesprochen: „Für die Gewinnung brauchbarer Etymologien ist die Kenntnis der Mundartaussprache jedes einzelnen Namens unerläßlich. Die echt bäuerlichen Namen enthalten wohl manchmal volksetymologische Umdeutungen, nie aber solch sinnlose Entstellungen, wie sie von manchen Schreibern am grünen Tisch erfunden wurden“[6].

[1] Harvalík, Milan: Hofnamen, S. 420
[2] Unterberger, Erika: Haus- und Hofnamen der Gemeinden Altmünster und Traunkirchen, S. 21
[3] Löffler, Heinrich: Probleme der amtlichen Flurnamengebung, S. 33
[4] verehelichte Seidelmann, unter diesem Namen als Mitarbeiterin des Historischen Ortsnamenbuches angeführt
[5] Diese Arbeit habe ich daher – auch in Hinblick auf das große Gebiet – nicht wiederholt.
[6] Karpellus, Roswitha: Siedlungsgeschichte der ehemaligen Grafschaft Pitten, Bd. 1, S. 4