Verwendung von Hofnamen

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Verwendung im juristischen Kontext

Gegen die in der Sekundärliteratur weit verbreitete Ansicht, dass Hofnamen nicht offiziell verwendet werden, spricht, dass es in Österreich Verordnungen und Gesetze gibt, bei denen die Angabe eines Vulgo- oder Hofnamens, sofern vorhanden, gefordert wird.

Adressregisterverordnung

Es gibt ein zentrales Adressregister, das vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geführt wird.  Die dazugehörige Adressregisterverordnung (AdrRegV, 2005-2016) und die nachfolgende Adressregisterverordnung 2016 (AdrRegV 2016) sehen unter anderem die Angabe folgender Informationen vor: „Postleitzahl, Zustellort und etwaige sonstige Bezeichnungen zum leichteren Auffinden der Adresse, wie Vulgo- und Hofnamen“. Beim Hofnamen wird noch ergänzt: „Vulgoname, Hofname oder andere ortsübliche Bezeichnung von landwirtschaftlichen Gehöften“[1].

Vermessungsgesetz

Im § 9a des Vermessungsgesetzes (VermG) wird als Teil von geocodierten Adressen im  Adressregister „die Postleitzahl, den Zustellort und etwaige sonstige Bezeichnungen zum leichteren Auffinden der Adresse, wie Vulgo- und Hofnamen“ definiert.

Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz

Im Anhang 1 des Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetzes (GWR-Gesetz) sind“Postleitzahl und sonstige Angaben zum leichteren Auffinden der Adresse wie Vulgo- und Hofnamen“ als Merkmal von Adressen angeführt.

Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz

§8 (2) des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes (Allg GAG) hält fest: „Ist ein Grundbuchskörper unter einer bestimmten Benennung allgemein bekannt, so ist sie in der Aufschrift des Gutsbestandsblattes anzugeben“.

Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung

Die Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 wurde 2005 vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen erlassen und war bis 31. Dezember 2007 gültig. Im 2. Abschnitt wird die Einrichtung eines Veterinärinformationssystems festgelegt, in dem als „Stammdaten“ unter anderem „die Adresse des Betriebes und sofern vorhanden den Vulgonamen“ einzutragen sind[2] (wortident in der nachfolgenden Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2007, nicht mehr erwähnt in der derzeit gültigen Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009).

Verwendung im Alltag

Die Hofnamen in der Buckligen Welt lassen sich in drei Kategorien teilen:

  • Namen, die allgemein bekannt sind und über die Gemeindegrenzen hinaus verwendet werden (Beispiel: Almbauer in Bromberg) – das dürfte auch mit der Größe eines Hofes zusammenhängen
  • Namen, die nur noch die ältere Generation, oft nur im eigenen Ort, kennt und verwendet
  • Namen, die überhaupt nicht mehr verwendet werden und höchstens HeimatkundlerInnen ein Begriff sind (Beispiel: Nebelhof in Hochwolkersdorf)

„Wer jemals in der misslichen Lage war, in der Region eine bestimmte Adresse finden zu müssen, kennt das Dilemma: Fragt man nach dem Schreibnamen, steht man – gerade in ländlichen Gegenden – oft schnell sprichwörtlich im Wald. Am Land zählt eben meist der Hofname mehr“[3]. Wenn, wie eine Gewährsperson über Aspangberg berichtet, die Leute im Ort meistens nur die Hofnamen kennen, erkennt man rasch das Dilemma beim Verwenden eines gängigen Telephonbuchs: Will man beispielsweise die Telephonnummer des Mostheurigens „Stegbauer“ in Bad Schönau nachschlagen, wird man enttäuscht – dieser ist nämlich nur unter dem Familiennamen Ungerböck verzeichnet.

Bei der Verwendung der Hofnamen lassen sich gegenläufige Entwicklungen feststellen: Meine Gewährspersonen berichteten, dass viele Hofnamen in der jüngeren Generation nicht mehr verwendet werden bzw. dass etliche jüngere Leute es vehement ablehnen, mit den Hofnamen angesprochen zu werden. Umso wichtiger ist es, die Hofnamen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausführlich zu dokumentieren, vor allem, wenn man bedenkt, dass „der Rückgang der bäuerlichen Siedlungen…, der Verlust wichtiger Urkunden in den Gemeindearchiven und auf den Höfen, endlich das Verschwinden der Hofnamen aus dem Wort- und Schriftgebrauch, die Bearbeitung der Hofnamen nur immer schwieriger gestalten werden“[4] – was Richard Staffler über den Vinschgau schreibt, trifft sicherlich auch auf die Bucklige Welt zu. Es ist wünschenswert, dass sich die Forschung verstärkt diesem Teil der Namenkunde widmet, kann doch konstatiert werden, dass sich mit den Hofnamen „die Namenforscher eher selten, nur am Rande und weniger systematisch befassen“[5].

Auf der anderen Seite werden die alten Hofnamen zunehmend gerne wiederbelebt, wenn es gilt, einen griffigen Markennamen für die Direktvermarktung von bäuerlichen Produkten oder einen Heurigenbetrieb zu finden. Teilweise werden dabei auch neue Hofnamen geschaffen, bei denen noch abzuwarten ist, ob sie einmal auch auf die Bewohnerinnen und Bewohner übertragen werden. Beispiele sind der Mostheurige „Rosenhof“ in Hollenthon, der „Lichtkräuterhof“ in Zöbern und der „Lilienhof“ in Lanzenkirchen, der seinen Namen erst vor wenigen Jahren bekam, und zwar in Anlehnung an die Bourbonenlilie, da das benachbarte Schloss Frohsdorf sich früher im Besitz der Bourbonen befand.

Interessant sind auch jene Hofnamen, die zwar durchaus noch bekannt sind, die aber von den jeweiligen Besitzerfamilien mittlerweile als Beleidigung empfunden werden – so berichtet Roswitha Karpellus schon in ihrer Dissertation von 1959, dass der nach dem Berg „Schweinriegel“ benannte Schweinriglhof in Hochwolkersdorf von seinem Besitzer nach seinem Familiennamen Fürst umbenannt wurde. Mir wurde bestätigt, dass es auch heute nicht ratsam ist, den alten Namen wieder zu verwenden… Ähnliches erzählten mir Gewährspersonen über den Hofnamen „Hidribauer“, der sich von Hüttrauch, einem künstlichen Arsenik als Schutzmittel gegen Tierkrankheiten, herleite[6]: Damit werde angedeutet, dass der Bauer diese Droge nicht nur seinem Vieh verabreicht habe – Hüttrauch galt als Aphrodisiakum und wurde als Stärkungsmittel eingesetzt.

Lebenserinnerungen

Zur Illustration führe ich Ausschnitte aus drei Lebenserinnerungen an, von Hans Sinabell, Maria Gremel und Hermann Brandel.

Maria Gremel schildert in „Mit neun Jahren im Dienst“, wie sie als Bauerntochter in der Buckligen Welt aufwuchs: „Die vom Wegbauern heiratete später zum Weingartleitner, die andere war ein lediges Kind einer Lokobauerntochter“. – „Als erstes gingen wir den Weg nach Stang. Beim Riegelbauer fingen wir an“. – „Einmal im Frühjahr mussten wir zum Gstettenbauer um Buttermilch gehen“. – „Foli war der Hausname des Bauernhauses, wo ich hinkam, und die ganze Au bis Kirchschlag hatte den Namen des Bauernhauses“. – „Der schreckliche Blitz schlug mit sofort krachendem Donner beim Leidenbauer ein“. – „Wir gingen zum Hammerbauern“. – „Ich musste nach Gehring, zum Stadelbauer“.

Hans Sinabell nennt seine Erinnerungen „Erlebtes und Erlauschtes aus der Buckligen Welt“: Sinabell, seine Familie und schon sein Urgroßvater werden darin fast immer als Kloaråtnbuam, Kinder vom Kloaråtnhof oder Kloaråtnbauern bezeichnet. Zum Beispiel stellt ihn ein Bauer seiner Frau so vor: „Schau, Muatta, i håb den Buam vom Kloaråtn-Schursch aus Geretschlåg mitbråcht“. Von „Sinabell“ keine Rede. Und in einem Lied Sinabells heißt es gleich im ersten Satz: „I bin der Kloaråtn-Hansl“.

Der Kirchschlager Hermann Brandel kam als Bub zum „Stocker“-Bauern und schildert in seinen Erinnerungen „Bucklige Welt – geliebte Heimat“ seinen folgenden „Namenswechsel“ so: „Nun war ich also beim Stocker in Aigen, so lautete der Hausname. Auch all die anderen Gehöfte hatten ihren Hausnamen. Wie die jeweiligen Besitzer sich schrieben, wußten zumindest in Kirchschlag die wenigsten, höchstens der Briefträger und der Steuereinnehmer. Und ich war fortan in Aigen auch der Stocker Hermann“[7]. Ein zweites Beispiel: „Schon in meiner zartesten Jugend lernte ich den Bach-Lipp und seine Alte, wie man halt sagte, die Gundl, kennen. (…) Den Familiennamen wußte ich die längste Zeit überhaupt nicht“[8].

Auch in den Geschichten von Annie Grabner, die in der Buckligen Welt im fiktiven Kraxenbach angesiedelt sind, kommen Hofnamen vor: „Ja, die Rocherlbuben, das sind ein paar Schlingel! Eigentlich heißen sie Peter und Paul Hinteregger, und ihr Elternhaus, der Hintereggerhof, liegt etwas abseits vom Dorf auf einem bewaldeten Hügel. Weil nun ihr Vater mit Vornamen Rochus heißt, wird er einfach der Rocherlbauer genannt, und seine Buben sind die Rocherlbuben“[9].

Teilweise wurden Vulgonamen sogar zur Benennung von Obstsorten herangezogen: „… in den landwirtschaftlichen Gebieten [sind] Besitzer- oder Vulgonamen, gebietsbezogene Sortenbezeichnungen, lokale, an Bauernfeiertage gebundene Erntetermine oder spezielle Verarbeitungseignungen als Lokalvarietätennamen auffindbar…“[10].

Bei den Gesprächen mit Gewährspersonen in der Buckligen Welt fiel besonders eine Redewendung auf: „Der X [Familienname] ist auf dem Y [Hofname] drauf“. Damit wird ausgedrückt, was Ernst Schwarz so formuliert: „Der Hof ist das Bleibende, der Mensch vergeht. Für den Hof scheinen die Familien zu arbeiten, er soll auf die Nachkommen übergehen“[11].

Fußnoten

[1] Rechtsinformationssystem des Bundes, überprüft am 3. März 2007
[2] Rechtsinformationssystem des Bundes, überprüft am 3. März 2007
[3] Nerat, Christian: „Gefährliche Irrwege“, S. 31
[4] Staffler, Richard: Die Hofnamen im Landgericht Kastelbell, S. 3
[5] Harvalík, Milan: Hofnamen, S. 423
[6] Karpellus, Roswitha: Siedlungsgeschichte der ehemaligen Grafschaft Pitten auf namenkundlicher Grundlage, Nr. 56
[7] Brandel, Hermann: Bucklige Welt – geliebte Heimat, S. 26
[8] Brandel, Hermann: Bucklige Welt – geliebte Heimat, S. 97
[9] Grabner, Annie: Die Ritter von Hinteregg, S. 18
[10] Keppel, Herbert: Alte Kernobstsorten im Bezirk Murau, S. 141
[11] Schwarz, Ernst: Deutsche Namenforschung, S. 169


zuletzt aktualisiert am 29. Dezember 2017